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AIDA - weder Oper noch Kreuzfahrt, sondern neues (?) Delegationsmodell

 

Teil 2 der zweiteiligen Zusammenfassung der Vorschläge der KBV zur Weiterentwicklung des deutschen Gesundheitswesens

 

 

In ihrem am 3. Mai 2021 veröffentlichten Konzeptpapier schlägt die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) ein „neues“ Modell der Delegation von ärztlichen Leistungen an nicht-ärztliche Gesundheitsberufe vor (1). Das Modell AIDA – Arzt indizierter diagnosebasierte Behandlungs-Auftrag. Die Idee dahinter: Im ambulanten Bereich, damit ist sowohl der hausärztliche und fachärztliche Sektor als auch die psychotherapeutische Versorgung gemeint, soll es ärztlich/psychotherapeutisch geleitete Behandlungsteams zur vertragsärztlichen Versorgung geben. Mitglieder dieser Teams können verschiedene Gesundheitsfachberufe sein, an die ärztliche Tätigkeiten delegiert werden können, um Ärzt:Innen zu entlasten und zu unterstützen. An diese Mitglieder des Teams kann dann ein zeitlich begrenzter Behandlungsauftrag im Sinne einer „zeitweisen Übertragung von Teilen der ärztlichen Heilkunde“ auf dem Wege der Delegation erfolgen. Die Leistungen dieser Teammitglieder, die unter AIDA mit (be)handeln, sollen in Zukunft mit den gesetzlichen Krankenkassen abgerechnet werden können.

 

Welche Qualifikation sollen Teammitglieder haben, an die im Rahmen von AIDA delegiert werden kann?

 

Die KBV wünscht sich „die Erweiterung der Gesundheitsfachberufe um eine akademische Komponente (Bachelor)“, welche „nicht grundständig, sondern als Weiterqualifikation erfolgen und auch in den Gesundheitsberufen, die nicht über ein Abitur verfügen, Aufstiegschancen ermöglichen.“ Damit wiederholt die KBV ihre Forderung, dass die akademische Ausbildung für die Mitarbeit im ärztlichen Team auf einer Ausbildung in einem Gesundheitsfachberuf aufbauen solle. Bislang gibt es meiner Kenntnis nach keine Daten, welche einen Effekt auf die Arbeitsqualität zeigen, in Abhängigkeit davon, ob Physician Assistants grundständig studiert haben oder nach einer Ausbildung in einem Gesundheitsfachberuf das Studium absolviert haben. Insofern ist die Forderung argumentativ verständlich, denn eine vorherige Ausbildung in einem Gesundheitsfachberuf führt zu Kenntnissen und Fähigkeiten, vor allen Dingen aber zu einer Sozialisation im Gesundheitssystem, welche vorteilhaft sein könnten. Ob dies für die berufliche Praxis nach dem Studium eine Rolle spielt, ist bisher aber nicht belegt.

 

Alter Wein in neuen Schläuchen?

 

Wo hier die große Neuerung in der Definition der Delegation ist, müssen juristisch versiertere Personen als ich beurteilen. Auch bisher war es möglich, dass Ärzt:Innen ärztliche Tätigkeiten an entsprechend qualifiziertes nicht-ärztliches Personal  delegieren. Wie bisher auch, bleiben vom jetzigen Vorschlag der KBV „höchstpersönlich zu erbringende Leistungen von einer Delegation ausgenommen (z.B. Indikationsstellung, therapieleitende Entscheidungen, Verordnungen von Medikamenten).“

Neu ist sicherlich der sehr betonte Team-Gedanke und vor allen Dingen das klare Bekenntnis zur Zusammenarbeit mit nicht-ärztlichen akademisch ausgebildeten Gesundheitsberufen, welche ärztliche Aufgaben übernehmen und dafür angemessen im gesetzlichen Krankenkassen-System abgebildet werden sollen. Und das ist kein alter Wein in neuen Schläuchen, sondern ein sehr guter „junger Tropfen“. 

 

Es bleibt zu hoffen, dass die angestrebten Strukturen allen Beteiligten nutzen werden, um die Behandlung der Patient:innen in Zukunft sinnvoll und geordnet, bei guten Arbeitsbedingungen sicherzustellen. Bis die geforderte Neuordnung realisiert werden kann, bleibt noch viel zu tun, vor allen Dingen mit allen beteiligten Berufsgruppen gemeinsam an den neuen Ideen und Strukturen zu arbeiten, um die Idee der Teamarbeit von Grund auf zu etablieren.

 

 

(1) https://www.kbv.de/html/konzept_kbv2025.php

Bild von Pixabay

 

 

 

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