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Buch „Physician Assistant“ - lohnt sich das Lesen?

Neu auf dem Markt, aber lohnen sich Kauf und Lektüre?
Neu auf dem Markt, aber lohnen sich Kauf und Lektüre?

Mit der Ansage „gedruckt auf alterungsbeständigem Werkdruckpapier“, kommt zurzeit ein Sammelband mit dem Titel „Physician Assistant“ zum Preis von 24,90 Euro  daher, welcher laut Klappentext einen Überblick zum Status Quo und zum aktuellen Studienangebot des Berufsbildes Physician Assistant in Deutschland geben will und außerdem drei exemplarische (Bachelor-)Arbeiten von Physician Assistants (PA) vorstellt (1). 

 

In der Tat besteht das Buch aus vier Teilen, einem Übersichtsartikel zum Berufsbild PA und drei Bachelorarbeiten von PA zu zwei verschiedenen Themen. Letztere sollen laut den Herausgebern „einen Eindruck von der Bandbreite der verschiedenen Themen und den wissenschaftlichen Fähigkeiten der PAs“ geben. Allerdings sind weder die Themen mit zwei Arbeiten zur zentralen Notaufnahme und einer zur nicht invasiven Ventilation, noch die wissenschaftlichen Methoden, dreimal systematische Literaturrecherche in zwei Fällen ergänzt um einige Experteninterviews, wirklich vielfältig. Unter dem Titel des Buches wären hier Arbeiten mit Bezug und neuen Erkenntnissen zum Berufsbild PA deutlich erhellender gewesen. Lediglich eine Arbeit tangiert kurz den Einsatz von PA. Um Missverständnisse zu vermeiden: Ich möchte die Leistung der Bachelor-AbsolventInnen, die mir zum Teil persönlich bekannt sind, keinesfalls schmälern, aber die  Publikation ihrer Arbeiten unter dem Titel dieses Buches erfüllt m. E. nicht die von den Herausgebern aufgestellte Zielsetzung.

Bleibt also der Übersichtsartikel „Physician Assistant - Entwicklung, Status Quo und Perspektiven“, welcher sich einschließlich Literaturangaben über 53 Druckseiten erstreckt, von denen jeweils etwa ein Fünftel von  Fußnoten bedeckt ist. In diesem Artikel erfolgt eine kurze Vorstellung des Berufsbildes und dessen historischer Entwicklung im In- und Ausland. Danach wird unter dem irreführenden Titel „Status Quo“ die Entwicklung der Meinung der Ärzteschaft zum Berufsbild PA in Deutschland seit 2017 skizziert. 

Nach einer Darstellung der Studienangebote in Deutschland, welche jederzeit deutlich aktueller auf der Homepage des Deutschen Hochschulverbandes Physician Assistant (DHPA e. V., https://www.hochschulverband-pa.de/mitglieder/) eingesehen werden kann, folgt eine vergleichsweise ausführliche Darstellung der Ausbildungswege zum PA in den USA, Großbritannien und den Niederlanden. Diese kumuliert in einer Tabelle, welche die Aufgabengebiete im vermeintlichen internationalen Vergleich zeigt. Leider wird durch die Verwendung von Worthülsen ein echter Vergleich verfehlt. Was bedeutet es, wenn in Großbritannien laut Tabelle PA die „Auswertung neuer Diagnoseschritte“ oder die „Therapiefindung“ vornehmen dürfen, während es in Deutschland eine „Mitwirkung bei der Erstellung der Diagnose und bei der Ausführung des Behandlungsplans“ ist. Hier wäre eine echte Analyse von Tätigkeiten im Alltag spannend und notwendig gewesen, die leider fehlt.

Im letzten Teil, der „Diskussion und Perspektive“ bleibt völlig unklar, welche Position die Autoren Wessel, Höcker und Geuen zum Berufsbild und dessen weiterer Entwicklung einnehmen, ob sie das Berufsbild befördern oder eigentlich nur die aktuelle Situation in Deutschland bunt gemischt kommentieren wollen. Einerseits fordern sie Masterstudiengänge für PA, ohne jedoch auf die konkreten Folgen dieser weiteren Qualifikation für das Qualifikationsgefüge im Gesundheitswesen einzugehen. Weiterhin sehen sie die Gefahr von  “neuen Schnittstellen und damit im schlimmsten Fall Versorgungsbrüchen“ und beurteilen u.a. die Zulassung von PA- Studierenden ohne vorherige Ausbildung kritisch. Ihr Fazit lautet „dennoch ist eine dauerhafte Etablierung in Deutschland zwar wahrscheinlicher, aber noch lange nicht sicher.“

„Wahrscheinlicher“ als was? - der Gebrauch des Komparativs verpufft, da offen bleibt, was hier von den Autoren zum Berufsbild eigentlich zum Ausdruck gebracht werden soll. 

Und so ist mein Fazit: das Papier dieser Publikation hätte kein alterungsbeständiges Werkdruckpapier sein müssen, die Investitionen von fast 25 Euro in das Buch und die notwendige Zeit zur Lektüre lohnen sich nicht.

Wer sich über das Berufsbild kostenlos informieren möchte, schaut zum Beispiel bei PA Jobs  (https://pajobs.de/home/blog/) oder dem Deutschen Hochschulverband Physician Assistant (https://www.hochschulverband-pa.de/) oder auch hier  https://www.tmttraining.de/physicianassistance/ vorbei und lädt sich die Stellungnahmen der Bundesärztekammer herunter (https://www.bundesaerztekammer.de/fileadmin/user_upload/downloads/pdf-Ordner/Fachberufe/Physician_Assistant.pdf)

 

(1) Wessels M., Geuen M. (Hg.), Physician Assistant, LIT Verlag, Bd 3, 2021, 24,90 Euro, ISBN 978-3-643-14756-1